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Russische Wirtschaft: Chancen und Risiken

Russland Wirtschaft: Kräne

Russland und Deutschland sind seit Jahrzehnten wichtige Partner in Wirtschaft, Handel, Politik und darüber hinaus. Viele Deutsche Unternehmen sind in Russland bereits aktiv und profitieren von der positiven Entwicklung der russischen Wirtschaft. Einige Unternehmer sehen zwar die Chancen des russischen Markts, schätzen ihn aber als zu riskant ein. Dabei hat sich die Situation in Russland im Vergleich zu den 90er Jahren deutlich verbessert. Auch die Politik unternimmt Einiges um die wirtschaftliche Zusammenarbeit von Russland und Deutschland zu fördern und Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Wer in das Russlandgeschäft einsteigen möchte, sollten zuallererst eigene Vorurteile überwinden. Um den Austausch zwischen deutschen und russischen Unternehmern zu unterstützen und mehr Klarheit zu schaffen, organisieren Deutsche IHKs diverse Veranstaltungen.

Umfrage zum Geschäftsklima in Russland

Im Februar 2015 führten der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer die 12. Umfrage zum Geschäftsklima in Russland durch. Demnach lehnten die meisten deutschen Unternehmen Wirtschaftssanktionen gegen Russland ab. Außerdem wurde befürchtet, dass Russland sich immer mehr nach China und Asien hinwenden würde.
Geschäftsklimaumfragen der AHK Russland

Die folgende Aufstellung der Chancen und Risiken der russischen Wirtschaft bezieht sich auf die Zeit vor der Ukraine-Krise.

Chancen

Unternehmen aller Branchen können vom Wirtschaftsboom in Russland profitieren. Folgende Gründe sprechen für den Einstieg in das Russland-Geschäft.

1. Die Wirtschaft in Russland wächst stark und stabil

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Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist in Russland in den letzen Jahren stets gewachsen.Die Weltbank rechnet mit folgenden Wachstumsraten in der Russischen Föderation:
2013: 3,3%
2014: 3,6 %

Die Modernisierung der russischen Wirtschaft zeigt sich in der positiven Entwicklung der Industrieproduktion. Zwar verlangsamte sich die Industrieproduktion in Russland im Jahr 2012 auf 2,6%. Für 2014 rechnet aber das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel der Russischen Föderation mit einem Wachstum von bis zu 3,4%.

Auf der vom Weltwirtschaftsforum (WEF) erstellten Liste der wettbewerbsfähigsten Länder für die Jahre 2013/2014 belegt die Russische Föderation Platz 64 (von 148).

2. Russland ist ein großer Markt

Fast alle Branchen profitieren von der starken Binnenkonjunktur in Russland. Russische Endverbraucher haben großen Nachholbedarf im Konsumbereich. Hauptgewinner dieser Entwicklung sind Einzelhandel, Hotel- und Gaststätten, Bauwirtschaft und Autoindustrie.

3. Gute Investitionsbedingungen in Russland

Steigende Investitionen deuten darauf hin, dass immer mehr ausländische Unternehmen Vertrauen in den russischen Markt haben und langfristig investieren.
TIPP:
Wer in Russland investieren will, sollte sich die Regionen genau anschauen. Denn die regionalen Unterschiede in Russland sind groß. Mit Unterstützung der lokalen Administration kann man viel mehr erreichen als in einer anderen Region. St. Petersburg, zum Beispiel, wird von internationalen Rating-Agenturen als sehr guter Investitionsstandort in Russland bewertet.

4. Rechtssicherheit in Russland steigt

Die Deutsch-Russische AHK weißt ausdrücklich darauf hin, dass die Rechtssicherheit in Russland in den letzen Jahren zugenommen hat. Die legislative Basis hätte sich deutlich verbessert. Auch in der Rechtsumsetzung und in der Verwaltungspraxis ist trotz Rückschritte eine sehr positive Tendenz zu beobachten.
Auch die Analysten der US-Zeitschrift Forbes bewerten die in Russland durchgeführten Reformen beim Steuer-, Arbeits- und Verwaltungsgesetz als sehr positiv. Diese Reformen sind ein wichtiger Grund dafür, dass immer mehr Geld in die russische Wirtschaft investiert wird.

5. Russland hat ein gutes Steuersystem

Experten betonen, dass das Steuersystem in Russland von der Struktur und den Steuersätzen dem deutschen weit überlegen ist. Allerdings muss die Verwaltung und Administration noch deutlich verbessert werden.
Unternehmen aus dem Bereich innovative Technologien werden besonders gefördert. Als Residenten von speziell eingerichteten Sonderwirtschaftszonen genießen sie diverse steuerliche Vorteile.

Steuersätze in Russland
Mehrwertsteuer / Umsatzsteuer
Regelsteuersatz:
Verminderter Steuersatz:
18%
10%
Gewinnsteuer für juristische Personen
Regelsteuersatz:
24%
Einkommensteuer (keine Progression)
Regelsteuersatz für Residenten der Russischen Föderation:
Regelsteuersatz für Nicht-Residenten der RF:
Als Residenten der Russischen Föderation gelten Personen (russische Bürger und Ausländer), die sich mindestens 183 Tage pro Kalenderjahr in der Russischen Föderation aufhalten.
13%
30%
Sozialversicherungssteuer (regressiv)
Wird vom Arbeitgeber gezahlt und hängt vom Gehalt der Mitarbeiter ab. Beinhaltet Zahlungen in die Renten- und Krankenversicherung, etc.
Jahresgehalt bis zu 280.000 Rubel:
Jahresgehalt über 280.000 Rubel:
Jahresgehalt über 600.000 Rubel:
26%
10%
2%

1996 unterzeichneten Russland und Deutschland ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom Einkommen und Vermögen.

Risiken: Hindernisse und Tipps zur Problemlösung

Wer in das Russland-Geschäft einsteigen will, sollte die dazu gehörigen Risiken kennen. Es wäre aber falsch, sich davon abschrecken zu lassen. Denn viele Probleme können gelöst werden.

1. Bürokratie, Verwaltung und Administration

Komplizierte und lange Genehmigungsverfahren, Korruption, Probleme bei der Zollabwicklung und Firmen-Registrierung sowie widersprüchliche Gesetzauslegung erschweren den Einstieg in den russischen Markt. Die Russische Regierung versucht, die Korruption in Russland zu bekämpfen und sieht darin den Schlüssel zur Modernisierung Russlands in allen Bereichen.

Und so kann man die Probleme angehen:

Besuchen Sie Infoveranstaltungen rund um das Thema Russland in Deutschland

So können Sie sich mit anderen Unternehmern auszutauschen und erste Kontakte knüpfen. Persönliche Beziehungen und Netzwerke spielen in Russland eine große Rolle. Auch die Bürgermeisterin von St. Petersburg betonte bei ihrem Besuch in München, dass informelle Kontakte für gegenseitiges Verständnis und Vertrauen enorm wichtig sind.

Bemühen Sie sich um politische Unterstützung

Geschäftsleute, die bei einem russischen Generalkonsulat ihr Projekt vorstellen, haben gute Chancen die erste Unterstützung beim Einstieg in das Russlandgeschäft zu bekommen und wichtige Verbündete zu gewinnen.

Suchen Sie Kontakt zu deutschen Firmen und Geschäftsleuten in Russland

Im Gegensatz zu Großkonzernen, ist es für kleine und mittelständische Unternehmen schwerer, in Russland Fuß zu fassen. Deutsche Unternehmer, die bereits in Russland aktiv sind, raten allen Russland-Neulingen Kontakte zu anderen deutschen Unternehmen aufzunehmen. So bekommt man wertvolle Tipps und kann von Geschäftsleuten mit Russland-Erfahrung lernen.

Wenden Sie sich an die Deutsch-Russische AHK in Russland

Die AHK vertritt Interessen deutscher Unternehmen in Russland. Hier bekommt man Beratung beim Geschäftsaufbau, bei der Suche nach Geschäftspartnern, bei der Akkreditierung sowie bei konkreten Problemen im Wirtschaftsalltag.
Kontaktdaten der Deutsch-Russischen AHK in Russland

2. Hohe Inflation in Russland

Eine hohe Inflation ist eine große Herausforderung für die russische Wirtschaft. In den letzen Jahren ist die Inflation in Russland zurückgegangen. Im Jahr 2008 betrug die Inflation 13,3%. Laut Angaben des Statistischen Amtes der Russischen Föderation lag die Inflation in den ersten acht Monaten des Jahres 2013 bei 4,5% (11 Mal mehr als im europäischen Durchschnitt). Der Internationale Währungsfonds erwartet für Russland folgende Inflationsentwicklung:
2013: 6,2%
2014: 5,3%

3. Russland ist kein Billigland

Die Kosten für Personal, für die Logistik, für Mieten und Immobilien sind in Russland in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Russland ist längst kein Billigstandort mehr. Unternehmen gehen nach Russland, um den Markt zu entwickeln, und nicht um Geld zu sparen.

4. Fachkräftemangel in Russland

Viele ausländische Firmen haben Schwierigkeiten, gut ausgebildete Mitarbeiter in Russland zu finden. Universitäten und Hochschulen bilden zwar gute Akademiker aus. Doch russische Uni-Absolventen sind für das tatsächliche Arbeitsleben oft nicht vorbereitet. Der Grund dafür ist die strikte Trennung zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung in Russland. Ein duales Bildungssystem, bei dem junge Menschen an einer Berufsschule und parallel in einem Betrieb ausgebildet werden, gibt es in Russland nicht. Es ist vor allem schwer, in Russland qualifizierte Handwerker zu finden. Die deutsch-russische AHK versucht, gemeinsam mit der Regierung ein Pilotprojet zur Implementierung des dualen Bildungssystems in Russland einzuführen.

Lösungen:

Bilden Sie Ihre Mitarbeiter selbst aus.

Deutsche Firmen, die Lehrgänge für russische Mitarbeiter anbieten, sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden. Kontaktieren Sie Bildungseinrichtungen aus der Region. Arbeiten Sie nach Möglichkeit individuelle Ausbildungsprogramme aus.

Laden Sie Schüler und Studenten aus der Umgebung zu Ihrer Firma ein.

Informieren Sie sie über Verdienstmöglichkeiten, zeigen Sie ihnen Arbeitsplätze, erklären Sie den Leuten, was sie bei Ihnen machen und was sie erreichen können. Fördern Sie den Austausch zwischen bestehenden und potentiellen Mitarbeitern.

Nutzen Sie russische Netzwerke.

Fragen Sie vertraute Personen und gute Mitarbeiter, ob sie jemanden empfehlen können.

5. Einstellung deutscher Mitarbeiter

Ausländische Arbeitnehmer benötigen in Russland eine Arbeitserlaubnis. Keine Arbeitserlaubnis brauchen:

  • ständig und zeitweilig in Russland wohnhafte ausländische Bürger;
  • ausländische Mitarbeiter, die Montage- und Serviceleistungen für durch ihre Unternehmen gelieferte Ausrüstung erbringen;
  • Beamte diplomatischer Vertretungen, Journalisten, Lehrer und in Russland studierende ausländische Studenten mit Nebenverdienst

Seit dem Beitritt von Russland zur Welthandelsorganisation (WTO) im August 2012 werden sämtliche Gesetze angepasst. Hoch qualifizierte Spezialisten aus WTO-Staaten (das so genannte Schlüsselpersonal, auf Russisch „ключевой персонал“) sollen anders als normale Mitarbeiter behandelt werden.
Föderaler Migrationsdienst Russlands: Informationen für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausländischer Staatsbürger in Russland. (auf Russisch)

6. Unzureichende Infrastruktur in vielen Regionen Russlands

Eine gut funktionierende Infrastruktur ist für die moderne Wirtschaft sehr wichtig. Unter Infrastruktur versteht man nicht nur das Verkehrs-, sondern auch das Kommunikationsnetz, die Energieversorgung und soziale Einrichtungen (Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Sportanlagen, etc.)
Leider ist das Transport- und Verkehrsnetz in vielen Regionen in Russland noch schlecht ausgebaut. Das russische Verkehrsministerium investiert bereits Milliarden von Rubel in den Straßenbau, in die Modernisierung vom Eisenbahnnetz und Flughäfen. Wenn im europäischen Teil von Russland das Transportnetz „nur“ modernisiert werden muss, gibt es im russischen Fernen Osten noch Gebiete, die kaum erreichbar sind.

Wichtig:

  • Achten Sie bei der Auswahl der Region darauf, ob die lokale Administration den Ausbau von Infrastruktur unterstützt. Informieren Sie sich über konkrete Projekte und Vorhaben aus diesem Bereich. Daraus können sich auch gute Geschäftsmöglichkeiten ergeben. Die Regierung von St. Petersburg, zum Beispiel, unternimmt Einiges, um die Infrastruktur der Stadt zu verbessern. Auch deutsche Firmen sind an vielen Projekten beteiligt.
  • Russland ist ein großes Land. Unterschätzen Sie nicht die Entfernungen zwischen Städten und Regionen.

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Moskau als Wirtschaftsstandort
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Russland Wirtschaftsratgeber: Nur wer sich gut vorbereitet kann den russischen Markt erfolgreich erschließen und von der boomenden Wirtschaft in Russland profitieren.

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Große Unternehmen in Russland
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Informationen zu Russland Visa
Wer in Russland noch nicht unternehmerisch tätig ist, kann mit einem Touristen-Visum nach Russland reisen. Laptop und Handy können nach Russland eingeführt werden.

Russische Botschaften und Konsulate
in Deutschland, Österreich und der Schweiz

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