Großfürstin Elena Pawlowna
Wie eine deutsche Prinzessin Russland reformierte
Offiziell beginnt die Geschichte des Russischen Museums in St. Petersburg im März 1898 mit der Eröffnung des für Museumszwecke umgebauten Michailowski-Palastes. Doch schon Jahrzehnte davor machte die deutsche Prinzessin Charlotte von Württemberg den Palast zum Zentrum des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens von St. Petersburg. Die vor der Heirat mit einem russischen Großfürsten auf den Namen Elena getaufte Deutsche galt damals als eine der klügsten und gebildetsten Frauen Europas. Manche Zeitgenossen meinten sogar, dass wenn sie eine Zarin gewesen wäre, würde ihr Namen in der Geschichte neben dem von Katharina der Großen stehen. Denn Elena Pawlowna „förderte viel und hat vieles geschaffen“.
Friederike Charlotte Marie Prinzessin von Württemberg (1806 – 1873) wurde in Stuttgart geboren und kam im Alter von 10 Jahren nach Paris, wo sie eine gute Ausbildung genoss. Dort entdeckte die kleine Lotti auch ihre Leidenschaft für Musik, die sie ihr ganzes Leben begleiten sollte. Im Dezember 1823 konvertierte die Prinzessin von Württemberg zum orthodoxen Glauben, um als Elena Pawlowna den Großfürsten Michail Romanow zu heiraten. Ihr Mann war der jüngste Bruder der russischen Zaren Alexander I. und Nikolaus I. Im Gegensatz zu seiner Frau interessierte sich der Großfürst Michail nicht für Kunst, sondern für die Kriegsführung und die Artillerie. Leider wuchs in dieser arrangierten Ehe keine Liebe. Manchmal fühlte sich die Deutsche im grauen und ungemütlichen St. Petersburg etwas traurig. Doch die tatkräftige Elena Pawlowna ließ den Kopf nicht lange hängen. Sie spielte Klavier für sich und ihre Töchter, organisierte Feste, glänzende Empfänge und widmete sich der Wohltätigkeit.
Jede Woche Donnerstags versammelten sich im Michailowski Palast Staatsmänner, Philosophen, Künstler und Freidenker aus Russland und dem Ausland. Die charmante Großfürstin bewies sich als eine begabte Gastgeberin. Mit viel Fingerspitzengefühl schaffte sie es, den Zaren und die Zarin diskret mit Personen zusammenzubringen, mit denen sie sonst nicht sprechen würden. Man diskutierte über die Politik, Wissenschaft, Kunst und die Zensur in Russland. Ein heiß debattiertes Thema war die Abschaffung der Leibeigenschaft. Elena Pawlowna selbst gab ihren Bauern die Freiheit schon bevor die Leibeigenschaft in Russland 1861 offiziell abgeschafft wurde. Dafür wurde sie vom progressiven Teil der Gesellschaft „Princesse La Liberte“ genannt. Später zeichnete sie der Zar mit der Goldmedaille „Dem Reformator“ (russisch: „Деятелю реформ“) aus. Im Salon von Elena Pawlowna entstanden viele Ideen, die später in Reformen umgesetzt wurden.
Zudem ließ die großzügige Großfürstin Weisen- und Krankenhäuser bauen. Während des Krimkriegs (1853-1856) gründete sie eine Gemeinschaft von Krankenschwestern, die Tausende russische Soldaten in der Stadt Sewastopol retteten. Daraus ging das russische Rote Kreuz hervor. Die deutschstämmige Prinzessin gründete auch das „Klinische Institut der Großfürstin Elena Pawlowna“: eines der weltweit ersten Institute für ärztliche Weiterbildung.
Bei einem der Musik-Abende im Weißen Saal des Michailowski-Palastes kam der Gedanke auf, das erste Konservatorium in Russland zu gründen. Elena Pawlowna unterstütze die Idee sehr, finanzierte das Projekt durch Verkauf vom eigenen Diamanten-Schmuck und überzeugte den Zaren, der Einrichtung eine jährliche Subvention zu gewähren. Die erste Schule für musikalische Ausbildung eröffnete am 8. September 1862.
Die Großfürstin Elena Pawlowna war generell eine große Förderin der Kunst. Zu ihren Freunden zählten einige russische Schriftsteller und Dichter, darunter Iwan Turgenew und Alexander Puschkin. Besonders schätzte sie die Petersburger Erzählungen und den Roman „Die Toten Seelen“ von Nikolai Gogol. Dank ihres Einsatzes erschien nach seinem Tod die erste Edition Gogols Gesammelte Werke.
Elena Pawlowna unterstützte finanziell auch talentierte russische Maler wie Karl Brüllow und Iwan Aiwasowski. Auf dem Bild das „Portrait der Großfürstin Elena Pawlowna mit Tochter Maria“ (1830) zeigt Karl Brüllow die junge Frau in Bewegung als Zeichen für ihr lebhaftes Wesen und ihre Energie. Das Gemälde hängt bis heute im Michailowski-Palast, für den es ursprünglich gedacht war. Und so heißt die Großfürstin als eine freundliche Gastgeberin die Besucher des Russischen Museums in ihrem Haus willkommen.
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