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Marmorpalast

(russisch: Мраморный дворец и Музей Людвига в Русском музее.)

Marmorpalast

Marmorpalast, Russisches Museum, St. Petersburg

Der Marmorpalast liegt am Palastufer der Newa, gegenüber der Peter-Paul-Festung in St. Petersburg. Der monumentale Bau beeindruckt bis heute durch seine strenge Schönheit. Der 1768-1785 erbaute Marmorpalast war das erste Gebäude in Russland, das mit Natursteinen – Granit und Marmor – verkleidet wurde, und zwar von Innen und von Außen. Seinen Namen erhielt der Palast, weil bei seinem Bau viele verschiedene Marmorsorten verwendet wurden. Die Marmor- und Granitplatten sind zwischen 20 cm und 1,5 Meter dick. Laut diversen Schätzungen, verarbeitete man im Palast sieben bis zwölf Sorten und ca. 32 Farbtöne von Marmor. Die meisten davon stammen aus Russland, vor allem aus den in den 1760er Jahren gerade entdeckten Vorkommen an den Ufern der Seen Ladoga und Onega bei St. Petersburg. Der Marmor kam auch aus Karelien, Sibirien, dem Ural sowie aus Italien und Griechenland.

Vergoldete Fensterrahmen des Marmorpalastes

Vergoldete Fensterrahmen des Marmorpalastes

Eine andere Neuigkeit für die russische Architektur des 18. Jh. war die Verwendung von Fensterrahmen aus Kupfer und Eisen. Ursprünglich waren alle Fensterrahmen des Marmorpalastes vergoldet. Heute sind nur noch die Fensterrahmen des ersten Obergeschosses der Ostfassade sowie alle Balkongeländer des Palastes vergoldet.

Zarin Katarina die Große ließ den Marmorpalast als Geschenk für ihren Liebhaber Grafen Grigori Orlow bauen. 17 Jahre lang arbeitete der italienische Architekt Antonio Rinaldi an diesem Meisterwerk. Rinaldi war auch an der Gestaltung der Isaak-Kathedrale in St. Petersburg beteiligt, die zum Teil mit Granit und Marmor aus denselben Steinbrüchen verkleidet wurde. Selbst für St. Petersburger Verhältnisse war der Marmorpalast außergewöhnlich prächtig. Man nannte ihn auch „eine riesige Schatzkiste“. Leider starb Graf Orlow im Jahr 1783, bevor sein neues Domizil fertig gestellt wurde. Katharina die Große kaufte den Palast den Erben des Grafen ab und überreichte ihn 1795 als Hochzeitsgeschenk ihrem Enkel Konstantin.

Marmorskulptur im Marmorpalast

Marmorskulptur im Marmorpalast

Bis zur Oktoberrevolution 1917 blieb der Marmorpalast im Besitz der Zarenfamilie Romanow und war Wohnsitz verschiedener Großfürsten. Der Bruder des Zaren Alexander II., Großfürst Konstantin Romanow, ließ den Palast in den 1840er Jahren umfassend restaurieren. Der talentierte russische Architekt und Maler Alexander Brüllow gestaltete die Innenräume des Palastes um. Großfürst Konstantin Romanow war ein großer Liebhaber von Literatur und Musik. In der 2. Hälfte des 19. Jh. fanden im Marmorpalast oft Konzerte, Musikabende und Bälle statt. Einige bekannte russische Komponisten führten im Palast ihre Werke vor, darunter Nikolai Rimski-Korsakow. Beim Kostümball am 2. Mai 1856 trat hier zum ersten Mal in Russland der österreichische „Walzerkönig“ Johann Strauss auf. Der letzte Besitzer des Marmorpalastes, der Sohn des Großfürsten, hieß auch Konstantin Romanow und ist in Russland eher als Dichter mit den Initialen K.R. (auf Russisch: „К. Р.“) bekannt.

Geländer der Paradetreppe im Marmorpalast

Geländer der Paradetreppe im Marmorpalast

Während der Sowjet-Zeit wurde die Inneneinrichtung des Marmorpalastes so gut wie vernichtet. 1936 entschied man, hier die St. Petersburger Filiale des zentralen Lenin-Museums zu eröffnen. Das prachtvolle Ambiente passte nicht mehr zum politischen Zweck des Museums. Alles sollte streng und einfach wirken. Und so übermalte man kunstvolle Wand- und Deckenmalereien und zerstörte viele dekorative Elemente, darunter einzigartige Kamine, Spiegel, Parkettböden, Kronleuchter, etc. Einzelne Teile der Einrichtung wurden an verschiedene Museen in ganz Russland verteilt. Am besten sind die Säle erhalten geblieben, die nicht für Ausstellungszwecke, sondern als Lagerräume des Museums genutzt wurden. Von dieser radikalen Umgestaltung wurde nur das Vestibül mit der Paradetreppe verschont.

1992 übergab man den Marmorpalast dem Russischen Museum. Bei der umfassenden Renovierung wurden viele dekorative Elemente originalgetreu rekonstruiert. Beeindruckend ist die in Grautönen gehaltene Paradetreppe, der mit weißem Kunstmarmor verkleidete und im gotischen Stil gehaltene Große Weiße Saal und natürlich auch der Marmorsaal.

Reiterstatue des Zaren Alexander III.

Reiterstatue des Zaren Alexander III. im Innenhof des Marmorpalastes

Im Innenhof vor dem Haupteingang steht die Reiterstatue des Zaren Alexander III. des italienisch-russischen Bildhauers Paolo Trubetzkoj. Die Bronze-Statue wurde 1899-1909 angefertigt und befand sich ursprünglich auf dem Vorplatz des Moskauer Bahnhofs (ehemalig Nikolajewskij) in St. Petersburg. Zar Alexander III. gilt als der Gründer des Großen Sibirischen Weges, der heute als die Transsibirische Eisenbahn bekannt ist. 1937 wurde das Denkmal demontiert und eingelagert. Den Innenhof des Marmorpalastes schmückt die Statue seit 1994.

Marmorsaal: ein einzigartiges Gesamtkunstwerk

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Der Marmorsaal ist ein wahres Meisterwerk der Weltarchitektur. Der Saal wurde Ende des 18. Jh. vom Architekten Antonio Rinaldi erschaffen und Mitte des 19. Jh. von Alexander Brüllow etwas umgestaltet. Die mit rosa, grünem und grauem Marmor verkleideten Wände schmücken Säulen mit vergoldeten Sockeln. Die aus weißem Marmor gefertigten Reliefe stellen Szenen aus den Punischen Kriegen der Antike dar. Die herrliche Deckenmalerei des Italienischen Malers Stefano Torelli (1712-1780) zeigt die Hochzeit des römischen Gottes Amor mit der Königstochter Psyche.

Konstantin Romanow – der Dichter des Silberjahrhunderts

Kleines Empfangszimmer

Mit goldenen Tapeten verkleidetes kleines Empfangszimmer der Großfürsten Romanow im Marmorpalast

Der Großfürst Konstantin Konstantinowitsch Romanow (1858-1915), Enkel des Zaren Nikolaus I. war einer der wichtigsten Persönlichkeiten in Russland zu Zeiten des Jahrhundertwechsels. Unter anderem war er als Senator, General-Inspekteur von Militärschulen und Präsident der russischen Akademie der Wissenschaften tätig. Außerdem war Konstantin Romanow ein ausgezeichneter Dichter und Übersetzer und publizierte seine Gedichte unter dem Pseudonym K.R. (auf Russisch К.Р.). Einige Werke von Schiller und Goethe waren dem russischen Publikum in seiner Übersetzung bekannt. Der Komponist Peter I. Tschaikowski war ein guter Freund des begabten Großfürsten und schrieb einige Romanzen nach seinen Gedichten.

Großfürst Konstantin Romanow und seine Frau, die deutsche Prinzessin Elisabeth Auguste Marie Agnes von Sachsen-Altenburg (nach der Heirat Elisabeth Mawrikijewna Romanowa) waren die letzen Besitzer des Marmorpalastes. Die Räume, die das Paar bewohnte, wurden 1880-1900 nach ihrem Geschmack umgestaltet.

Heute erzählt die in diesem Teil des Marmorpalastes organisierte Ausstellung vom Leben und Schaffen der Großfürsten Romanow. Aus dem mit Holz verkleideten Eingangsbereich gelangen die Besucher in die Bibliothek. Rechts davon befinden sich der Musikalische Salon und das Arbeitszimmer von Konstantin Romanow. Links von der Bibliothek liegen das kleine und große Empfangszimmer sowie die eleganten privaten Gemächer der Großfürsten.

Die Gemächer der Großfürsten Romanow im Marmorpalast können eigenständig oder zwei Mal täglich im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Die Führungen finden um 12 und um 15 Uhr auf Russisch statt. Auf Anfrage werden auch Führungen in anderen Sprachen organisiert.

Ludwig Museum im Russischen Museum

Moderne Kunst im Ludwig Museum im Russischen Museum

Moderne Kunst im Ludwig Museum im Russischen Museum

Im März 1995 wurde im Marmorpalast das Ludwig Museum eröffnet. Den Grundstock der Ausstellung bilden 118 Kunstwerke, die das deutsche Ehepaar Peter und Irene Ludwig dem Russischen Museum geschenkt haben. Die Kollektion repräsentiert alle Haupttendenzen der modernen Kunst: Pop-Art, Hyperrealismus, Neoexpressionismus, Neoklassizismus, konzeptuelle Kunst, Modernismus und Postmodernismus. Zu den Schätzen der Sammlung zählen Arbeiten von Pablo Picasso, Andy Warhol, Ilja Kabakow, etc. Die Ausstellung ist in verschiedene Themenbereiche unterteilt, darunter Leute in der Kunst, Kunst über die Kunst, Mythen des 20. Jh., Ikonen des 20. Jh., etc.

Im Marmorpalast organisiert das Russische Museum auch wechselnde Ausstellungen.

Adresse des Marmorpalastes in St. Petersburg:

Millionnaja Straße, 5/1 (russisch: Миллионная улица, 5/1)
Metro-Station: Newski Prospekt (russisch: Невский проспект)
Info-Telefon: +7 812 312 9196

Russisches Museum Übersicht

Gebäude des Russischen Museums

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